Einfach klein

Babys und Kleinteile: wegnehmen oder machen lassen?

Immer wieder taucht in der Krabbelgruppe und in Beratungen die Frage auf, wie Eltern damit umgehen sollen, wenn die Kinder Dinge in den Mund nehmen, die da eigentlich nicht hingehören. Darüber haben wir diese und vergangene Woche in der Krabbelgruppe viel gesprochen.

Ein paar Gedanken will ich hier mal zusammenfassen…

kleinteile

Jeder kennt das: ich bin gerade beschäftigt, das Baby liegt auf der Krabbeldecke o.ä. und beschäftigt sich mit einem Spielzeug. Plötzlich beschleicht mich ein Gefühl von, Nanu, das Baby ist aber seeehr ruhig und beschäftigt gerade… Und tatsächlich, Baby hat augenscheinlich einen Gegenstand im Mund, der da wohl besser nicht sein sollte. Ich denke da z.B. an Legosteine, einen Knopf, Fusseln, Holzstückchen, und so weiter.
Ein Reflex, der da bei vielen Eltern einsetzt ist, auf das Baby zuzustürzen und mit den Fingern den verdächtigen Gegenstand aus dem Mund angeln. Meist unter großem Protest des Kindes. Richtig so! denkt ihr, das Zeug muss raus, lebensgefährlich, UM GOTTES WILLEN! 
Ich habe trotzdem ein Problem damit: mit unserem Eifer und dem absolut richtigen Wunsch unser Kind zu schützen, gehen wir vielleicht doch etwas zu weit in eine falsche Richtung. Ich will das kurz erklären: Die Kinder sind grade damit beschäftigt. Das heißt, sie interessieren sich im Augenblick sehr für diesen Gegenstand, wie er aussieht, sich anfühlt, wie er schmeckt und sich im Mund bewegen lässt. Wenn wir uns nun auf das Baby stürzen und ihm unvermittelt im Mund rumstochern kann es sogar passieren, dass es sich vor Schreck verschluckt. Geschickter wäre es in den meisten Fällen, sich zum Baby auf den Boden zu legen und zu fragen, was es da hat und untersucht. Bei unseren Kindern haben wir immer die Hand unter den Mund gehalten und gebeten, uns zu zeigen, was es ist. In 98% der Fälle kam der spannende Gegenstand schön eingespeichelt heraus. Die Kinder lernen dabei aber so viel mehr: Mama (Papa) vertraut mir. Ich kann ihnen vertrauen, dass sie mir nicht einfach Dingen wegnehmen, die ich spannend finde.

Ich finde das deshalb so unheimlich wichtig, weil ich den Kindern nicht beibringen wollte, diese Sachen heimlich zu machen, denn seien wir doch mal ehrlich: so sicher KANN man die Umgebung eines krabbelnden Babys gar nicht halten, das NIRGENDS auch nur das kleinste Fitzelchen rumliegt. Eine Mama berichtete, ihr Baby pult sich das Pilling einer Wolldecke ab, um die Fusseln in den Mund zu stecken.
Da ist es doch allemal sicherer, begleitet und die Kinder im Auge habend, die Dinge untersuchen zu lassen als immer alles wegzunehmen.

Wie fast alles andere bei der Entwicklung der Babys ist auch das eine vorübergehende Phase, die manchmal schneller vorüber geht, wenn das Bedürfnis gestillt ist.

Der einfache Perspektivwechsel genügt manchmal schon, um anders auf unser Babys zuzugehen. Wie würde ich es finden, wenn mir jemand (größeres, stärkeres) unvermittelt im Mund rumstochert? Warum sollte ich DAS für mein Baby wollen? Ich kann es genau so selbstverständlich ansprechen und sagen “Mein liebes Baby, zeig mir doch mal, was du da hast. Ich finde das (noch) zu gefährlich für dich, hier sieh mal, möchtest du (interessantes Tauschobjekt) haben?” Je früher wir anfangen, mit den Babys so zu sprechen, desto eher verstehen sie uns auch und kooperieren. Wenn ein Baby aber lernt, dass ihm etwas ohne Vorwarnung einfach weggenommen wird, versucht es wahrscheinlich beim nächsten Mal, sich besser zu verstecken ;-)
Das soll jetzt natürlich NICHT heißen, dass ihr den Babys eine Tüte Perlen hinstreut und denkt Wird schon!, im Gegenteil. Viel Umsicht und Achtsamkeit ist gefragt, aber das Respektieren des Babys in seinen Bedürfnissen zahlt sich schnell aus, denn das Kind merkt, dass es ernst genommen wird.
Bei Zigarettenkippen, Glasscherben oder Nadeln z.B. würde ich natürlich auch nicht lange Fackeln und das dem Kind schon abnehmen, bevor es zum Mund wandern kann. Bei vielen anderen Dingen, die wir den Kindern manchmal aus Reflex wegnehmen, lohnt es sich aber zu überlegen, ob das jetzt wirklich nötig ist und wenn ja, auf welche Art und Weise wir das tun wollen.

An dieser Stelle werde ich auch nicht müde zu sagen: Besucht einen Kurs für Erste Hilfe bei Babys und Kindern! Das kann ich wirklich nur allen Eltern ans Herz legen, um vorbereitet zu sein für den Fall der Fälle.

Wie macht ihr das zu Hause? Alles wegräumen? Machen lassen? Wie ist es, wenn schon ältere Geschwister da sind? Was habt ihr noch für Tipps? Habt ihr einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht? Habt ihr schon mal Kleinteilzeug in der Windel wieder gefunden?
Ich bin gespannt…

3 Kommentare zu “Babys und Kleinteile: wegnehmen oder machen lassen?

  1. Patrick

    Hallo Franzi!

    Wir lassen unsere Kinder experimentieren und alles mit dem Mund entdecken, wenn sie das möchten und wir es nicht für potentiell gefährlich halten(z.B. Linguster- oder Eibenbeeren). Heute fragt uns unser mittlerweile dreijähriges Kind, bevor es unbekannte Pflanzenteile isst. Etwas verärgernd empfand ich die Tatsache, dass die Gummiaufsätze der In-Ear-Kopfhörer regelmäßig verschwunden sind, als unser großes Kind noch kein Jahr alt war. Manchmal lagen sie nur irgendwo anders im Zimmer. Es kam aber auch schon vor, dass ich sie im Töpfchen wiederfand. ;-)

    Herzliche Grüße
    Patrick

  2. Sonja

    Ich finde diese Ansicht toll. Wenn man den Kindern die Dinge erklärt, sind die Chancen einfach viel höher, dass sie nicht im nächsten unbeobachteten Moment doch das tun, was sie eigentlich nicht sollen. Sei es bei Kleinteilen oder auch bei Treppen. Wir haben keine Treppenschutzgitter, wir haben es immer wieder erklärt in der Hoffnung, dass er sich nicht die nächste ungesicherte Treppe runterstürzt. Bisher klappt es gut, er bleibt davor stehen und ruft aua :-)

  3. Meike

    Meine Kinder (2, 5 & 1 Jahre alt) durften/ dürfen mit ungefährlichen Kleinteilen spielen und in den Mund stecken… es ist ja nur gefährlich , sollten sie diese einatmen… und das ist ja eher unwahrscheinlich !
    Bekannte und Familie sind immer in großer Aufregung :”Sie hat da eine Murmel in den Mund genommen!!!!” – “Ja, sie kann das! Und wenn sie diese verschluckt , dann kommt’s beim nächsten Stuhlgang wieder raus…”
    Kleinstkinder ertasten nunmal zuerst mit dem Mund und ich möchte sie diese Erfahrungen machen lassen & nicht “das Lernen” verbieten.
    Natürlich schaue ich des öfteren, dass nicht doch versehentlich etwas eingeatmet wird…

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